Heilen

ICH SEHE ROT! – Johanniskrautöl selbst gemacht

Oder: Heilung für äußere und „innere Wunden“

Habt ihr schonmal von Rotöl gehört? Es ist so ziemlich eines der einfachsten Heilmittel, die man selbst machen kann. Das Johanniskraut enthält den Farbstoff Hypericin“ – welcher sich auch im botanischen Namen der Pflanze manifestiert hat: „Hypericum Perforatum“. Es ist eines der ältesten Mittel zur Wundbehandlung und gilt als hervorragendes Nervenkraut.

Aber nochmal ganz langsam von vorne.

Das Johanniskraut kann ab Juni (ab Johanni – dem 24. Juni) bis in den September hinein gesammelt werden. Es wächst bevorzugt an Wegrändern, Dämmen und am Rand von lichten Gebüschen. Und: es zeigt Magerkeit an. Es gibt einige verschieden Arten von Johanniskraut – z.B. das Behaarte Johanniskraut, Niederliegendes Johanniskraut, Geflecktes Johanniskraut, Schönes Johanniskraut und das Berg-Johanniskraut.

Anhand folgender Merkmale könnt ihr das Echte Johanniskraut oder Tüpfel-Johanniskraut erkennen:

– zweikantiger Stängel, der im Pflanzenreich selten vorkommt (Kräuter besitzen meistens runde oder vierkantige Stängel)

– wenn man die Blüten zwischen den Fingern zerreibt, verfärben sie sich blutrot

– wenn man die Blätter gegen das Licht hält, werden kleine helle Punkte sichtbar, eben fast so als wären die Blätter durchlöchert. Genauer gesagt sind dies Sekretblätter, die eine helle Flüssigkeit aus ätherischem Öl und Harz enthalten

What’s in the mix?

  • Neben ätherischem Öl, Flavonoiden (Rutin, Querzitrin, Hyperosid), Harzen, Gerbstoffen und Rhodan – welche entzündungshemmend wirken sind die wichtigsten Wirkstoffe allerdings
  • die rot färbenden Hypericine (Hypericumrot) – die antiviral, beruhigend und stimmungsaufhellend wirken
  • sowie das Hyperforin – es wirkt antibakteriell.

Grundsätzlich regen die Inhaltsstoffe in ihrer Gesamtheit die Drüsen der Verdauungsorgane an (auch der Galle) und tonisieren den Kreislauf.

Gut zu wissen: Das Hypericin erhöht die Empfindlichkeit auf UV-Licht und damit auch auf Sonnenlicht, es macht die Haut sozusagen photosensibel (gesteigerte Lichtempfindlichkeit). Allerdings tritt dies eher nur im Falle einer Überdosierung auf, in unseren Breiten und bei normalem Sonnenbaden bleibt dies relativ vernachlässigbar – im Gegenteil: das Hypericin wirkt als Lichtfilter, wodurch eine schnellere Bräunung eintritt. Trotzdem bitte individuell testen, jeder Körper reagiert anders.

Johanniskraut soll auch nicht in der Schwangerschaft verwendet werden, da es die Abstoßung des Embryos anregen kann.

Es kann auch die Einnahme von Medikamenten bzw. sämtlicher Arzneistoffe beeinträchtigen, indem deren Wirkung herunter gesetzt wird. In wissenschaftlichen Versuchen wurde nämlich nachgewiesen, dass Johanniskrautanwendungen – über einen längeren Zeitraum hinweg eingesetzt – die Funktion der Leber anregen. Dabei wird der Stoffwechsel aktiviert und Sauerstoff wird an die Zellen abgegeben. Damit wird die Ausscheidung körperfremder Substanzen so intensiv gefördert, dass z.B. Medikamente nicht mehr ausreichend ins Blut gelangen. Wenn man also regelmäßig Johanniskraut konsumiert und gleichzeitig Arzneimittel (wie z.B. auch die Antibabypille) einnimmt, sollte man checken lassen, ob das Medikament über die Leber ausgeschwemmt wird.

Johanniskraut ist eines der am besten erforschten Kräuter, da bereits zahlreiche Studien dazu vorliegen. Aufgrund der langen Tradition in der Heilkunde und des großen Potentials auch für heute wird der Forschergeist weiterhin angetrieben.

So wurde das Johanniskraut zum Beispiel auch bereits gegen HIV eingesetzt, da das enthaltene Hypericin antiviral wirkt. Weiters werden spezielle Extrakte bei Alzheimer getestet, aber auch für die Therapie bestimmter Krebsarten, denn das Hypericin bewirkt, dass sich die Moleküle um Tumorzellen sammeln und unter Lichteinfluss Sauerstoff-Radikale bilden und dadurch die Vernichtung entarteter Zellen bewirken. Zu Beginn der Forschungen wurde allerdings davon ausgegangen, dass nur das Hypericin eine Heilwirkung besitzen würde; mittlerweile gehen Wissenschafler aber davon aus, dass auch das Zusammenspiel der biologisch aktiven Substanzen eine wichtigere Rolle spielt als bisher angenommen und sie sich in ihrer Wirkung eigentlich gegenseitig verstärken. Die vollständigen Zusammenhänge konnten jedoch leider noch nicht vollständig durchschaut werden.

Wie so oft, tun wir gut daran, die Pflanzen zu verwenden, auch wenn die Forschung noch nicht alle Details durchleuchtet hat.

Heilt äußere Wunden:

Bereits vor geraumer Vergangenheit nutzten die Menschen die starken antibakteriellen und antiviralen Eigenschaften des Johanniskrauts. Als Pulver, Extrakt oder besonders als Johanniskrautöl wurde es auch für offene Wunden und Verbrennungen eingesetzt. So kann das Rotöl auch heute noch zur Behandlung und Nachbehandlung von Schnitt- und Schürfwunden verwendet werden, sowie bei stumpfen Verletzungen wie Prellungen, Zerrungen, Verstauchungen, Verbrennungen 1. Grades, Sonnenbrand und Muskelschmerzen.

Die Tannine (Gerbstoffe) sind es nämlich, die helfen, Blutungen zu stillen und Wundflächen zu verschließen. Verbrennungen heilen um ein Dreifaches schneller ab, wenn Johanniskraut darauf getupft wird. Wunden schließen sich ohne allzu auffällige Narben zu bilden. Das Einreiben von Johanniskrautöl wirkt oft wahre Wunder dabei und verhindert die Entstehung von „wildem Fleisch“.

Auch zur Pflege trockener Haut kann es Einsatz finden bzw. ebenso bei Hautproblemen zum Einsatz kommen: Bei entzündlicher Akne bringt es Heilung und verringert die Narbenbildung. Bei Neurodermitis oder Schuppenflechte stabilisiert es die Haut, bekämpft und lindert Entzündungen und mindert vor allem den Juckreiz. 

Aufgrund der schmerzlindernden Eigenschaften kann Johanniskraut auch bei Nacken- oder Rückenschmerzen, Zerrungen, entzündeten Nerven, Verletzungen nervenreicher Körperstellen (Finger, Zehen), Spannungskopfschmerzen angewendet werden. Beispielsweise bringen Massagen oder wärmende Umschläge mit Johanniskraut-Rotöl rasche Linderung. Daher verwende ich das Johanniskrautöl auch gerne als Basis für mein selbst gemachtes Massageöl. Aber auch der Absud in Form von Kompressen aufgelegt kann gute Dienste tun.

Was ist mit „inneren Wunden“ gemeint?

Johanniskraut ist das Paradekraut bei einem angegriffenen Nervenkostüm. Bereits Hildegard von Bingen nennt es „Arnika der Nerven“. Es wirkt stimmungsaufhellend, macht aufnahmefähiger für Licht und bringt dadurch mehr Sonne in unseren Körper. Als Nervenberuhigungs- und Antidepressionsmittel hat sich die Pflanze deshalb durchgesetzt, weil es die Überträgersubstanzen (Neurotransmitter) im Gerhirn sanft stimuliert, ohne dabei die Reaktionsfähigkeit des Körpers herabzusetzen.

Eine innerliche Einnahme kann auch bei Verdauungsbeschwerden (die mit entzündlichen Prozessen einhergehen- wie Magen-Darmschleimhaut-Entzündungen) Linderung schaffen. Denn auch hier sind es die entzündungshemmenden Gerbstoffe (Tannine), die im Johanniskraut zusammen mit den übrigen wirksamen Komponenten bewirken, dass eventuelle Entzündungsprozesse in Magen und Darm abklingen sowie angegriffene Schleimhäute sich beruhigen und heilen können. Werden Fäulnis- und Gärungsprozesse im Darm erst einmal dadurch unterbunden, bleiben auch unangenehme und schmerzhafte Blähungen aus.

Außerdem senkt das Johanniskraut den Blutdruck auf natürliche Weise. Und: durch die Harmonisierung des Hormonhaushaltes kann es sich auch günstig in den Wechseljahren äußern. So können auch Tee und Tinktur einen breiten Wirkungsgrad besitzen: Entzündliche und nervöse Erkrankungen, leichte bis mittelschwere Depressionen, Überanstrengung, Unruhezustände, Schwindel, Schlaganfall, Zittern der Gliedmaßen, nervöses Herz, Magenleiden, Magen-Darmbeschwerden und Unterleibskrämpfe, Bettnässen und Gelbsucht.

Der Tee kann aus Blüten, Blättern und Stängeln zubereitet erden – dazu einfach 2 gehäufte Teelöffel mit ¼ Liter Wasser überbrühen, kurz ziehen lassen und abseihen. Erwachsene können 2-3 Tassen pro Tag davon zu sich nehmen. Bei Kindern sollte die Dosierung natürlich dementsprechend geringer ausfallen – ca. 1-2 Tassen Tee können täglich zugeführt warden.

Na dann, nach all den Insights machen wir uns ans Werk!

Johanniskrautöl/Rotöl (Mazerat) selbst herstellen:

Ich mache am Liebesten einen Kaltauszug, das ist schonender und so kann ich den gesamten Prozess der Verfärbung gut beobachten.

Und das brauchst du dafür:

  • Eine gute Handvoll Johanniskrautblüten und –blätter
  • 1 Weithalsglas, ca. 1 l
  • 1l Pflanzenöl (z.B. Olivenöl, Sonnenblumenöl)
  • etwas Alkohol, ca. 38%

So geht’s:

Für die Herstellung des Johanniskrautöls die frisch gesammelten Blüten, Knospen & Blätter leicht anquetschen und mit ganz wenig Alkohol anfeuchten, in ein weithalsiges Glas geben.
Mit Öl (z.B. kaltgepresstes Olivenöl, Sonnenblumenöl, etc.) übergießen, sodass alle Pflanzenteile vollständig bedeckt sind. Dieses dann verschließen (z.B: einem durchlässigen Tuch – keinen super dichten Deckel verwenden!).  6-8 Wochen an einem dunklen Ort stehen lassen und immer wieder schütteln.

Je mehr Blüten verwendet werden, desto intensiver ist der Rotton. Damit das Öl seine heilende Wirkung möglichst lange behält, den Auszug abseihen und am Besten in dunkle Flaschen abfüllen; unbedingt kühl lagern! Werden die Flaschen lichtgeschützt aufbewahrt, hält das Rotöl bis in die kommende Saison.

Das Einsatzgebiet des Öls sind nochmal zusammengefasst: Sonnenbrand, leichte Verbrennung, Narbenpflege, Rückenschmerzen, Bauchkrämpfe, Menstruationskrämpfe, rheumatische Schmerzen, Krampfadern, Hämorrhoiden, Muskelzerrungen, Linderung von Schmerzen durch Stöße, für Massagen, Wundheilmittal bei Quetschungen und Schürfwunden.

Innerlich angewandt kann es Schmerzen bei Brandwunden und Koliken verringern und es ist ein gutes Nervenmittel, speziell bei klimakterischen Depressionen und hormonellen Störungen. Auch bei Magen- und Darmschleimhautentzündungen kann man täglich 2-3x täglich 1 Teelöffel einnehmen.

Wie gesagt könnt ihr auch eine Tinktur aus dem Johanniskraut herstellen, das ist sogar noch einfacher…

Und das brauchst du dafür:

  • frisches oder getrocknetes Johanniskraut
  • Kornschnaps oder Obstler

So geht’s:

Obere Triebspitzen (Blüten und Blätter) in ein Schraubglas füllen. Mit Alkohol übergießen, sodass alles gut bedeckt ist und im Anschluss 10 Tage bis 3 Wochen stehen lassen; danach abseihen.

Die Tinktur kann wie folgt eingesetzt werden: zur Verdauungsförderung nach den Mahlzeiten, bei zu hohem Blutdruck, zur Stärkung der Nerven, bei Depressionen, nach schwerem Schock, bei Schlafproblemen oder auch als Wunddesinfektion.

Dosierung: 3x 10 Tropfen täglich (Achtung: jeder Mensch reagiert anders, am besten also selbst ausprobieren, wie viele Tropfen einem hier gut tun! Bei Kindern muss die Dosierung natürlich auf ca. 2x pro Tag herunter gesetzt warden, die Anzahl der Tropfen geht mit den Lebensjahren einher. Das Einsatzgebiet ist bei Bettnässen, Sprachstörungen und Konzentrationsstörungen.

Mit so einer Rundumwaffe braucht ihr also nicht mehr Rot sehen, sondern könnt euch jederzeit leicht selbst wappnen 🙂

Dieser Beitrag dient als Information. Kräuter werden nur unterstützend eingesetzt und können bei körperlichen Beschwerden niemals einen Arztbesuch ersetzen!

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