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Island – Land der Vielseitigkeit

If you get lost in an Icelandic forest, simply stand up and you will find your way.

[There are no forests there.]

 

Auf den ersten Blick sieht die Landschaft relativ karg aus – diesen Eindruck erhält man vor allem deshalb, weil Bäume in Island ziemlich rar sind und auch weite Teile des Landes mit Lava bedeckt oder von Eis überzogen sind.

Wenn man aber genauer hin sieht, bemerkt man, dass hier sehr wohl viele verschiedenen Pflanzen vertreten sind. Aufgrund der rauen klimatischen Bedingungen haben sich dort eher jene Arten angesiedelt, die damit gut klar kommen. Islands Flora ist allerdings sehr anfällig auf Störungen des Gleichgewichts, daher ist der Schutz der Natur ein wichtiger Faktor (geworden).

Hier nun eine kleine Auswahl an Pflanzen, die mir bei unserem Trip hauptsächlich ins Auge gestoßen sind.

Flechten & Moose

Flechten (Lichen) wurden – wie auch in Österreich – früher schon als Lebensmittel, für die Parfumherstellung, zum Färben, als Tiergift oder für medizinische Zwecke verwendet. Mittlerweile hat die Bedeutung von Flechten in diesen Bereichen aber teilweise stark abgenommen bzw. wurden sie durch den Einsatz von anderen/synthetischen Stoffen abgelöst.

Biologisch betrachtet sind Flechten eine Lebensgemeinschaft von Pilz und Alge. Diese einzigartige Doppelnatur der Flechten mit ihren tausenden Inhaltsstoffen ist nach wie vor auch interessant für den Menschen, denn ihre pilzabtötende, antibakterielle und tumorhemmende Wirkung wird intensiv erforscht.

Außerdem geben Flechten Rückschlüsse über Luftverunreinigung und so werden sie nach wie vor als Bioindikatioren zur Bestimmung der Luftgüte eingesetzt. Seit der Industrialisierung ist die Schwefel- und Stickoxidbelastung stark angestiegen, weshalb manche Flechtenarten auch schon gar nicht mehr vorhanden sind.

Wie könnte man einen Beitrag über Island machen und nicht von Isländisch Moos sprechen… Also – Isländisch Moos (Cetraria Islandica) zählt biologisch gesehen ja auch zu den Flechten und wird ja vorwiegend bei Schleimhautreizungen im Mund- und Rachenbereich eingesetzt. Hier findet es nach wie vor Verwendung in Hustensäften, etc. Bemerkenswert ist aber, dass Isländisch Moos auch heute noch im Brot mitgebacken wird – auf einem Markt in Reykjavik habe ich so eines entdeckt!

Durch die große Zahl an Touristen in Island (3 Millionen/Jahr) ist die Belastung für die Umwelt leider rasant gestiegen. Denn in Island braucht man fast ein eigenes Auto, um die Gegend richtig erkunden zu können. Aber nicht nur die Belastung durch Emissionen (wieso stellt Island nicht flächendeckend auf E-Autos um?), sondern speziell auch der Umgang der Touristen mit der isländischen Natur ist leider oft sehr bedenklich.

Häufig wächst Moos auch auf Lavagestein und bringt so neues Leben über die Lavafelder, doch viele Touristen trampeln rücksichtslos darauf herum, reißen es einfach aus (zum Beispiel um ihr Zelt damit zu isolieren!) oder fahren sogar mit dem Geländewagen darauf herum. Der achtsame Umgang und bewusste Schutz ist sehr wichtig, denn diese Moose brauchen oft bis zu hunderte von Jahren um sich von solchen Eingriffen zu erholen und nachzuwachsen!

 

Frauen- und Silbermantel

Der Frauenmantel (Alchemilla vulgaris) ist das Frauenkraut schlechthin. Er hilft praktisch bei allen Unterleibsbeschwerden der Frau, er wirkt magenstärkend, wundheilend, entzündungshemmend und blutreinigend und menstruationsregelnd. Je höher man hinauf kommt, umso gezahnter und silbriger/glänzender werden die Blätter – dann ist vorwiegend der Berg-Frauenmantel oder Silbermantel (Alchemilla alpina) anzutreffen. Im Vergleich zum gewöhnlichen Frauenmantel hat der Silbermantel eine noch stärkere Wirkung und er soll sogar entzündete Augen heilen.

 

Schafgarbe

Auch die Schafgarbe (Achillea millefolium) fühlt sich in Island recht wohl. Aufgrund ihrer Genügsamkeit was Standort betrifft, kann sie sich auf den kargen Böden Islands gut durchsetzen. Sie wirkt krampflösend und appetitanregend. Mehr zur Schafgarbe könnt ihr auch bei meinem anderen Blogbeitrag zum Schafgarben-Sirup nachlesen.

 

Engelwurz

Sie ist die Pflanze des Nordens und wird in Island „Kvan“ genannt. Sie wächst an feuchten Stellen wie Bach- oder Seeufer, an Küsten oder nassen Wiesen. In Island findet man vorwiegend die echte Engelwurz (Angelica Archangelica) – im Gegensatz zur Wald-Engelwurz (Angelica sylvestris), die flachere und weniger kugelförmige Dolden, weniger gezähnte und symmetrische Blätter besitzt. Leider war die Engelwurz meistens schon verblüht, als ich in Island war (Ende September), aber die Samen hatten noch immer einen wunderbar frisches Aroma.

Angelica galt als Schutz gegen Ansteckung, Vergiftungen, gegen Schleim in den Atemwegen bei Lungenleiden und als gute Unterstützung zur Regeneration nach schwerer Krankheit.

Die Engelwurz wurde früher auch bei Pest verwendet und auch regelmäßig gegessen – ob als Suppe oder Gemüse. Aber auch heute noch wird sie in Island relativ vielfältig verwendet: es gibt Hustenbonbons, Tee und Tabletten, die Blasenproblemen helfen sollen. Sie wird auch zusammen mit Rhabarber dem geothermisch gewonnenen Salz aus den Westfjorden oder dem gebrannten Schnaps Haustol aus Husavik beigemischt. Und: die Engelwurz wird in Island auch nach wie vor zur Herstellung von Süßwaren und Likör verwendet.

 

Krähenbeere

Im Vergleich zur Heidelbeere ist die  schwarze Krähenbeere (Empetrum Nitrum) etwas dünkler und die Beeren wachsen auf dem immergrünen Zwergstrauch direkt am Boden. Trotz dem enthaltenen Giftstoff Andromedotoxin sind keine Vergiftungsfälle bekannt und die Beere kann grundsätzlich auch gegessen werden. Beim Verzehr in rohem Zustand allerdings kann die Krähenbeere abführend wirken. In Skandinavien wird sie daher gerne in Form von Kompott, Gelees und Suppen gegessen oder zum Färben von Sirup hinzugefügt. Sie enthält doppelt so viel Vitamin C wie die Heidelbeere und die Pflanze kann bis zu 100 Jahre alt werden.

Und: die Krähenbeere wird auch als Botanical für Gin verwendet, wie zum Beispiel beim VOR Gin aus der Eimverk Distillery.

 

Und hier noch ein Spezial-Tipp:

Der Botanische Garten von Akureyri war der erste botanische Garten Islands und ist auf jeden Fall einen Abstecher wert! Er liegt nur 50 km südlich des nördlichen Polarkreises und ist damit auch ein interessanter Versuchsgarten.

Der Garten ist in verschiedene Abteilungen unterteilt, so finden sich neben den arktischen Gewächsen auch Pflanzen aus den gemäßigten Breiten und den Hochgebirgen der Erde. 2017 zählte der Garten 700 verschiedene Arten, wovon die isländischen Arten 400 ausmachen (das sind ca. 80% aller in Island vertretenen Arten).

Und: es gibt auch ein kleines Café im Garten, das sich wirklich blicken lassen kann (hier schlägt wieder mal die Design-Liebe der Kräuterpädagogin durch…

 

In puncto isländischer Kräuter-Produkte sind mir hauptsächlich 2 Firmen aufgefallen:

– Urta Islandica

https://www.urta.is/en

Der Sitz von Urta Islandica ist in Hafnarfjörður südlich von Reykjavik. Neben Kräutersalzen, Kräutersirupen und Marmeladen gibt es hier vor allem auch Kräutertees, zum Beispiel mit Engelwurz, Heidekraut, Isländischem Moos, Birke, etc.

   

– Die zweite Firma ist Móðir Jörð

www.vallanes.is/en

Auf der Farm westlich des Lagarfljót gelegen sind alle Produkte 100% bio. Sie reichen von Müsli über Knäckebrot, Marmeladen, Chutneys, Eingelegtem bis hin zu Massageölen und frischem Gemüse und Kräutern. Ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall, falls man mehr Zeit hat, kann man hier auch gleich übernachten.

 

Alles in allem war der Island-Trip wirklich einzigartig. Atemberaubend. Faszinierend. Jeden Tag warteten neue Besonderheiten auf uns, wir kamen gar nicht mehr raus aus dem Staunen. Die Eisblöcke in Jokulsárlon, die Wale in Akureryri, das Nordlicht in Egilsstádir, der schwarze Strand mit den Basaltsäulen bei Vik, die unzähligen Wasserfälle und heißen Bäder und Flüsse, um nur ein paar der Highlights zu nennen… Würde ich auf jeden Fall wieder machen und ich bin dankbar, dass ich es sehen konnte – aber ich hoffe sehr, dass Island das Issue mit den Touristen bald in den Griff bekommt und das nötige Bewusstsein für die Sensibilität der Natur schafft, damit sie nicht weiter darunter leidet.

 

We shall be permitted to live on this planet only for as long as we treat all nature with compassion and intelligence.

Aldous Huxley

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